19
Kleine Momente der Großartigkeit
Ich treffe Helen in ihrer Küche an, wo sie bereits das Abendessen zubereitet. Die Teller vom Mittagessen stehen auf dem Abtropfgestell, und die Sonne strömt durch die Fenster. Pulkowski, lässt sie mich wissen, sei unterwegs, um Besorgungen zu machen.
»Fühlt er sich denn gut genug, um Besorgungen zu machen?«, frage ich sie.
»Er fühlt sich gut«, sagt sie, ohne von ihrer Beschäftigung aufzusehen.
Ich sehe zu, wie sie ungekochten Reis in rohe Hackfleischklößchen rollt. »Stachelschweine« nennt sie dieses Essen. Pulkowski liebt es. Sie wird die Fleischklößchen anbraten, bevor sie sie in Tomatensoße köcheln lässt. Der Reis wird in dem Fleisch aufquellen und weich werden wie ein verborgener Schatz. Später wird meine Mutter sie dann auf Pulkowskis Teller häufen und so die Farbe in seine Wangen zurückbringen. Dann wird sein Prostatakrebs nicht mehr ganz so schlimm sein, wegen der Stachelschweine. So funktioniert ihre Liebe. Ich reibe mir die Arme, während ich darüber nachdenke.
Helen sagt nichts dazu, dass ich mitten am Tag bei ihr aufkreuze. Sie kommentiert auch die Tatsache nicht, dass ich ihr seit Wochen aus dem Weg gehe. Ich wiederum sage nichts über Johnny Bellusa. Sie blickt mir prüfend ins Gesicht und sieht alles, vermutlich sogar meinen Kater. Doch sie schweigt. Der kleine Fernseher, der auf ihrer Küchenplatte steht, ist angeschaltet. Gerade läuft eine alte Folge von I Love Lucy. Ricky versucht, Lucy aufzuwecken, um mit ihr fischen zu gehen. »Komm schon!«, sagt er. »Sonst verpasst du den Sonnenaufgang.«
»Sonnenaufgang, Sonnenuntergang, ist doch alles dasselbe«, sagt Lucy. »Die eine steigt hoch, die andere geht unter.« Lucy verzieht das Gesicht. »Tralala! Der Tanz geht weiter.« Das Publikum im Studio grölt vor Lachen.
»Großartig«, sagt meine Mutter. »Dieser Gedanke ist großartig.«
Ich sehe ihr beim Arbeiten zu. Ihre Schultern sind gebeugt, sodass der gepunktete Stoff ihrer Baumwollbluse über ihrem schmalen Rücken spannt. »Frauen haben ihre kleinen Momente der Großartigkeit, die unbemerkt bleiben«, sagt sie, »manchmal sogar von ihnen selbst.« Sie rollt die Fleischbällchen, während sie mit mir spricht. Sie redet mit sanfter, leiser Stimme, als würde sie mir eine Geschichte erzählen. »Oh, das stimmt, Fräuleinchen«, sagt sie. »Wer schenkt schon dem Leben einer Frau große Aufmerksamkeit?«
Ich rühre die Soße um, in die die Stachelschweine hineinkommen werden, und erkenne, dass Helen recht hat. Ein Großteil weiblicher Arbeit ist einsame Arbeit.
»Ich hatte sie auch, diese kleinen, perfekten Momente der Erkenntnis, als ihr Kinder noch klein wart. Mitten beim Zubereiten eurer Sandwiches oder beim Staubsaugen oder so.«
Als ihr Kinder noch klein wart. Damit mussten Alexa und ich gemeint sein, vermute ich. Die beiden Mädchen meiner Mutter.
»Einmal zum Beispiel«, fährt sie, jetzt mehr zu sich selbst, fort, »habe ich eine von euch niesen hören und erkannt, dass die meisten Menschen immer zweifach niesen. Wusstest du das? Man macht nicht Hatschi! Man macht immer Hatschi! Hatschi!«
Sie legt die ersten sechs Fleischklößchen in die heiße Pfanne, während sie neben mir am Herd steht. »Wenn irgendein Potz an der Universität von Stony Brook diese Entdeckung veröffentlichen würde, alle würden ihn als Genie preisen. Ich erzählte deinem Vater davon, als er an diesem Abend von der Arbeit kam, und erinnere mich noch, wie unbeeindruckt er war.«
Der Geruch nach heißem Olivenöl steigt rings um uns auf.
»Er dachte vermutlich, ich wäre verrückt. Wie leicht für ihn, mich für verrückt zu halten. Er war den ganzen Tag bei der Arbeit, in einem netten, geschäftigen Büro.«
Sie sticht mit ihrem Pfannenwender auf die Stachelschweine ein, und mir wird klar, dass sie wütend auf ihn ist. Was zum Teufel hatte Pulkowski sich dabei gedacht, sich mit überstehenden Beinen auf eine Untersuchungsliege zu setzen und Woche für Woche bestrahlen zu lassen? Für wen hielt er sich, dass er Krebs bekam? Und mir wird noch etwas bewusst: Alexa Pulkowski und ich hätten wie Schwestern in Helen Pulkowskis Haus aufgezogen werden können. Wir hätten wir Kinder sein können, zumindest für ein paar Jahre, bis meine Mutter weglief und verschwand. Doch es ist nicht so gekommen, und ich weiß nicht einmal, ob Helen oder Alexa das so gewollt hatten oder nicht.
»Er erwartete nur, sein Essen zu bekommen, und keinen kleinen Moment der Großartigkeit meinerseits«, murmelt Helen, und ich sehe hinunter auf ihren Kopf und bemerke, dass die Haare am Hinterkopf dünn werden.
»Ja, Männer halt, weißt du«, sage ich. Das ist meine Art, sie zu trösten, ohne den Löffel wegzulegen und die Arme um sie zu legen. Sie sieht aus feuchten Augen zu mir auf, und wir sind wieder wir.
Mickey wartet im Wohnzimmer auf mich, als ich nach Hause komme. Seine kolossale Silhouette ragt sperrig aus den malvenfarbenen Sofakissen, wie ein riesiger G.I. Joe, dessen Gelenke alle verdreht sind. Bei meinem Anblick schneidet er eine Grimasse, als würde er von meiner Anwesenheit Blähungen bekommen. Der Nachmittag liegt ihm immer noch im Magen. Ich werfe meine Aktentasche auf einen Stuhl. Ich bin nicht sicher, ob wir uns tränenreich entschuldigen oder lieber Runde zwei einläuten sollen.
»Hey«, sagt er und knetet seine Hände so sehr, als würde er ein Putztuch auswringen.
»Hallo«, erwidere ich vorsichtig. »Ich war bei Helen.«
»Super«, sagt er. Dann seufzt er. »Rosie. Du wusstest doch, dass ich geschieden bin.«
Ich sage nichts, ziehe nur den Mantel aus.
»Glaubst du denn wirklich, wir haben noch was miteinander?«
»Das ist deine Sache«, lüge ich.
Mickey greift nach mir und zieht mich auf seinen Schoß. Die kleine Mulde, die er für mich schafft, fühlt sich warm und geschützt an. »Und zwischen dir und mir, läuft da nicht auch eine kleine Sache?«
Ich mache mich los und stehe auf. »Warum lädst du mich nie zu dir ein?« Ich suche in seinem Gesicht nach Veränderungen, nach einem Zeichen des Unwohlseins, aber Mickeys Koteletten bewegen sich nicht.
»Glaubst du etwa, es liegt daran, dass ich dort ein Liebesnest für meine Exfrau eingerichtet habe?« Er schnaubt laut, ein höhnisches Geräusch, wie ich es noch nie von ihm gehört habe. »Das ist der Stil deines Exmanns, nicht meiner.«
Das tut weh. Seit wann sagt Mickey Sachen, die wehtun? »Fängst du jetzt also an, meinen Mann runterzumachen?«
In meinem Wohnzimmer in Ronkonkoma herrscht ein langes Schweigen. Wir können die Laster auf dem Long Island Expressway hören. Keiner von uns kann glauben, dass ich ernsthaft Teddy verteidige.
»Es ist ja nicht so, als wäre dein toller Ex nicht sowieso der ewige Dritte in unserem Leben«, sagt Mickey und steht auf.
»Er ist nicht mein Ex. Er ist immer noch mein Mann.«
»Und das bedeutet … was?«
Ich verschränke die Arme und fange an, auf und ab zu marschieren. »Das bedeutet, dass er noch nicht ganz fort ist! Er hat mich noch nicht um die Scheidung gebeten. Wer weiß, wie er sich entscheidet?«
Sogar in meinen eigenen Ohren klingt das durchgeknallt. Vielleicht bin ich durchgeknallt. Oder vielleicht radele ich auch nur alle Phasen meines Kummers ab, obwohl die Gangschaltung sich bei stocksauer verklemmt hat.
»Hey, Rosie.« Mickey nimmt mich in die Arme und drückt mich an sich. Er wartet, bis ich mich beruhigt habe, bevor er weiterspricht. »Hör zu. Ich finde, du solltest akzeptieren, dass es mit Teddy aus ist, egal, was du von mir denkst. Dein Mann lebt jetzt mit deiner besten Freundin in einer rosa Schuhschachtel.«
»Also gut!«, rufe ich, und Tränen rinnen mir übers Gesicht und besudeln sein schönes weißes Hemd. »Aber er ist immer noch mein Mann. Wir teilen uns die Steuerformulare. Er steht in einer legitimen Beziehung zu mir. Er ist ein echter, wenn auch beschissener Ehemann, im Gegensatz zu Helen, die eine falsche, wenn auch durchgeknallte Mutter ist …«
Schluchz, Schluchz, Schluchzen wie ein Baby. So ein Kater ist eine schreckliche Sache. Ich weiß, dass es nicht nur die Nachwehen von Marcies schlechtem Wein sind, die da in mir gären, sondern ein Statement, das in mir aufsteigt. Und dann spricht Mickey es für mich aus.
»Eine Menge Leute haben die Bühne deines Lebens verlassen«, sagt er, und ich denke, verdammt, wie konnte er den Nagel so auf den Kopf treffen. Er streichelt mir übers Haar und wartet darauf, dass ich mich beruhige. Ich rieche den SaveWay an ihm, diese schwache Mischung aus Käse und Kühlregal. Ich kann seine Freundlichkeit nicht ertragen. Ich entziehe mich ihm, verschränke erneut die Arme und sehe ihn so finster wie möglich an. So sehe ich auch Milton an, wenn ich ihn wieder dabei ertappe, wie er Babys in Einkaufswagen abküsst.
»Was also verbirgst du in der City?«
»Ich verberge nichts, Rosie. Ich will gar nichts vor dir verbergen.«
Ich schüttele den Kopf und fange wieder an, auf und ab zu gehen.
»Ich hab’s dir doch gesagt«, meint er. »Das mit Jane und mir ist vorbei.«
»Stehen alle Männer letztendlich doch auf Blondinen?«, frage ich.
»Sieh mal«, sagt er. »Ich muss sie noch mal treffen. Sie verkauft das Haus, in dem wir gelebt haben. Der ganze Papierkram. Es geht schnell und ist eine reine Formalie. Deshalb war sie auch bei mir im Büro.«
»Schön«, sage ich, spüre aber, dass es überhaupt nicht schön ist. »Auch ich werde Teddy vielleicht bald wiedersehen müssen.«
»Schön«, sagt er und verschränkt nun auch die Arme. Er sieht mich forschend an und sagt dann: »Dabei ist es alles andere als schön, oder?«
So, wie er das sagt, weiß ich, dass wir eine Grenze überschritten haben, etwas Beschwerliches, Ermüdendes ist geschehen, und dass es eine lange Reise werden wird, wieder auf die andere Seite zu gelangen. Ich sehe das so deutlich wie die malvenfarbenen Kissen hinter ihm, und plötzlich tut es mir leid, dass mein guter Mickey als Prügelknabe herhalten musste. »Ich bin im Moment einfach etwas durcheinander«, sage ich zu ihm, um mich zu entschuldigen, doch ich weiß, dass es zu spät ist.
Ich sehe, wie Mickey still wird und sich mit seiner Pranke das Kinn kratzt. »Weißt du was, Rosie?«, sagt er nach einer Weile. »Vielleicht geht das alles zu schnell. Ja, ich glaube, wir sind zu schnell. Also werde ich Folgendes tun. Ich werde jetzt nach Hause fahren. Ich habe eine Menge Arbeit zu erledigen. Ich fahre einfach zu mir und bleibe heute Nacht dort.«
Ein bisschen perplex setze ich mich aufs Sofa. »Du fährst heute Nacht einfach zu dir?«
»Ich denke, das ist das Beste.« – »Wir können nicht mal eine Auseinandersetzung führen, ohne dass du gehst?«
»Der Streit ist nicht der Grund.«
»Was ist, wenn ich mit dir kommen will? Um deine Wohnung zu sehen.«
»Du kannst ein andermal mitkommen.«
»Schön«, sage ich.
»Schön«, stimmt er zu und greift nach seinem Mantel.
»Wann triffst du dich wieder mit deiner Exfrau?«
»Morgen. Im Pasta Café.«
»Arbeitet sie nicht?«
»Wir treffen uns in der Mittagspause.«
»Schön«, sage ich. »Dann fährst du jetzt besser.«
»Schön«, sagt er und versucht nicht, mich zu küssen.
»Gute Nacht«, sage ich zu seinem Rücken, doch er zieht einfach die Tür hinter sich zu. Ich sitze auf dem Sofa, in der Kuhle, die er hinterlassen hat. In der Wohnung ist es so still, dass ich die Heizung rauschen hören kann. Wäre Inga hier, würden wir jetzt eine Packung Häagen-Dazs vertilgen. Doch ich stelle fest, dass ich seltsamerweise gar keinen Hunger habe.
»Warum essen wir heute Mittag denn bei Starbucks?«, fragt Helen um 11 Uhr 59 am nächsten Tag. Wir sitzen an unserem Tisch, einer kleinen, runden Scheibe, umgeben von gut gekleideten Leuten, die an Lattes und doppelten Lattes und Cappuccinos nippen. Die ganze Welt riecht nach Kaffeebohnen, und die Fensterfront ist beschlagen. Doch der Blick aufs Pasta Café ist trotzdem frei. Man kann die Glastüren sehen und wer rein- und rausgeht.
»Warum essen wir heute Mittag bei Starbucks?«, wiederholt Helen.
»Es gibt jede Menge Auswahl hier, Ma.«
»Nennst du mich immer noch Ma?«
Ich zucke die Achseln. »Das warst du doch immer.«
»Gut.« Sie tätschelt meine Hand. »Und jetzt will ich dir etwas erklären. Ich kann woanders ein ganzes Kännchen Kaffee für einen Dollar neunundneunzig bekommen.« Sie stellt ihre große Winterhandtasche auf den Tisch, und die Scheibe verschwindet komplett. »Also erklär du mir bitte, warum ich drei Dollar für einen Becher von diesem Gebräu zahlen sollte?«
Natürlich redet sie mal wieder zu laut. »Ma«, sage ich und versuche, ihr vorzumachen, wie man in Innenräumen spricht (allmählich wird mir klar, warum ich diesen Beruf gewählt habe, warum ich versuche, minderbemittelten Menschen ein normales Sozialverhalten beizubringen), »es gibt ja noch anderes außer dem Kaffee, was du vielleicht probieren möchtest.«
»Das da wäre?« Sie schlägt ihre Beine übereinander, die in Wollhosen mit Bügelfalte und pelzbesetzten Stiefeletten stecken.
»Also«, setze ich an und überfliege die Karte an der Wand. »Hast du schon mal den Chai probiert?«
»Den was?«
»Den Chai.«
»Chai?« Belustigt kneift Helen die Augen zusammen. »Sicher doch. Den nehme ich, und dazu einen von diesen Zitronen-Toffee-Riegeln.« Sie fängt an zu kichern. »Dann habe ich ein wunderbar ausgewogenes Mittagessen.«
Jetzt fängt sie an, schallend zu lachen. Die Leute fangen an, uns über die Ränder ihrer Laptops hinweg unverblümt anzustarren.
Mir wird klar, dass es ein Fehler war, Helen auf diese Überwachungsmission mitzunehmen. Ich hatte mir eingebildet, wir könnten beim Schlürfen eines Costa Ricas die Kluft zwischen uns überbrücken und unsere Beziehung neu anknüpfen, indem wir sozusagen zufällig, aber natürlich geplant, Mickey und Jane »entdecken« würden. Natürlich habe ich Helen nicht verraten, warum wir heute hier sitzen. Es ist wirklich nicht ihre Schuld, wenn sie nicht weiß, dass wir nicht zum Vergnügen hier sind.
Obwohl sie sich anscheinend sehr wohl amüsiert. Auf meine Kosten.
»Ma«, flüstere ich heiser und versuche, ihre Hysterie zu dämpfen. »Es gibt einen Grund, warum wir im Starbucks sitzen.«
»Liegt es etwa an den Schoko-Mango-Crunch-Muffins?«, fragt sie und bricht erneut in Gelächter aus.
»Bitte, Ma, ich wollte dir gerade von der kleinen Überwachungsmission erzählen, auf der wir uns befinden.«
Helen verstummt. Mit wachem Blick sieht sie mich an. »Was für eine Überwachungsmission?«
»Es geht um Ham und seine Exfrau. Sie treffen sich jede Minute im Restaurant gegenüber.«
Helens Lächeln gefriert. Ihr Blick wandert zum nicht beschlagenen Teil der Fensterscheibe.
»Sie haben ihr Haus verkauft, und Mickey muss einige Papiere unterschreiben.«
Helens Mund wird zu einem schmalen Strich.
»Du wirst sie sehen, seine Exfrau! Ist das nicht spannend?«
»Und warum sind wir hier?«, fragt Helen. »Etwa nur, um ihnen nachzuspionieren?«
»Na ja … ja.«
Jetzt runzelt sie ärgerlich die Stirn. »Und glaubst du, dass er seine Frau noch immer liebt?«
»Nein …«
»Siehst du denn nicht, dass er dich liebt, du Idiotin?«
Ich lehne mich abrupt zurück. »Ausgerechnet du willst dich über unser heutiges Treffen mokieren, Ma? Hast du schon vergessen, wie du mich ins Acropolis gelotst hast, um Ham zu treffen?«
»Das war zu deinem Besten, Fräuleinchen! Es hat niemandem wehgetan. Glaubst du wirklich, dass es heute genauso ist, dass es niemanden verletzt, wenn sie uns sehen, wie wir aus dem Fenster starren?« Sie springt auf und schnappt ihre Tasche vom Tisch. »Was hast du vor, Rosie?«, fragt sie. »Versuchst du, die Sache mit Ham zu verpatzen, nur weil ich euch zusammengebracht habe? Oder weil der Kerl dich wirklich liebt … im Gegensatz zu diesem Blödmann Teddy, den du ja unbedingt heiraten musstest?«
Jetzt bin auch ich aufgesprungen. »Da bist du ja genau die Richtige, um mir Vorträge über schlechtes Benehmen zu halten! Findest du nicht auch, Großmutter?«
Helen dreht sich nicht um, um zu antworten. Sie marschiert bereits auf ihren laut klackenden hohen Absätzen zur Tür, und ihr Mantel schwingt wie ein Cape hinter ihrer einen Schulter. Ich bleibe allein zurück und muss nun einen demütigenden Abgang ertragen. Ich schleiche an den erstaunten Gesichtern all der Gaffer vorbei.
Dann renne ich über den Gehweg und versuche, Helen einzuholen. Ich versuche, mich zu beruhigen, indem ich mir sage, dass meine Schützlinge ständig solche Szenen provozieren und dass ich sie danach einfach wieder Platz nehmen lasse und sie frage: Was haben wir heute gelernt? Ich ziehe den Reißverschluss meiner Jacke hoch, um mich gegen die Kälte zu schützen, und denke darüber nach. Doch Helen stürmt volle Kraft voraus über den Gehweg, und kein noch so kleiner Moment der Großartigkeit will sich bei mir einstellen.